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Mini-Influencer – Was ist das überhaupt?

„Mama, ich möchte Influencer werden.“ Dieser Satz würde von vielen Eltern wahrscheinlich eher belächelt werden, doch so irrelevant wie das Thema für manche Erwachsene vielleicht sein mag, ist es bei der jüngeren, nachfolgenden Generation nicht mehr. Kinder wachsen mit Medien auf. Und ob uns das gefällt oder nicht, verhindern lässt es sich wohl kaum.

Laut einer Befragung, die der Rat für kulturelle Bildung in Auftrag gegeben hat und die durch die IFKA im Juni 2019 erhoben wurde, nutzen bereits 75% aller 12-13-jährigen YouTube. Die Kinder-Medien-Studie (KIM) 2018 hat Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren befragt, was ihre Lieblingsinternetseite sei. Mit 41% liegt YouTube weit vor Facebook (16%), Toggo (10%) oder Google (11%). Die Plattform YouTube spielt also im Leben unserer Kinder bereits eine große Rolle. Doch was sehen sich Kinder dort an?

Viele Kinder und teilweise auch deren Eltern sind mittlerweile faszinierte Zuschauer von Kinder-Influencern bzw. Mini-Influencern. Das sind Kinder, die auf dem YouTube-Channel ihrer Eltern, oder ihrem eigenen, elternbetriebenen Channel, ein quasi öffentliches Leben führen. Meist vor der Kamera wird gespielt und gemalt. Jeder Urlaub, jeder Kindergeburtstag, jedes Ereignis im Leben eines Kindes wird mitgefilmt. Dabei wird natürlich auch die Morgenroutine nicht ausgelassen. Die YouTube-Kanäle von Mini-Influencern wie „Alles Ava“ oder „Mavie Noelle“ haben bis zu 650.000 Abonnenten, sie sind also keine kleinen Fische mehr. Manche Kinder ernähren mit dem Business, das sie auf YouTube betreiben, bereits ihre ganze Familie.
Das Phänomen Mini-Influencer taucht jetzt besonders auf der Bildschirmfläche auf, weil sie für die immer jünger werdende Zielgruppe – Kinder, welche YouTube konsumieren – immer interessanter werden. Und das ruft die Werbetreibenden auf den Plan.

Schattenseiten des Mini-Influencer-Daseins

Doch dieses Phänomen ist aus vielerlei Perspektive kritisch zu sehen. Zuerst einmal aus der rein rechtlichen Perspektive. Ist es rechtlich überhaupt erlaubt, dass so junge Kinder in jedem Augenblick ihres Lebens zur Schau gestellt werden? Wir sehen hier eine klare Verletzung von Kinderrechten.
Des Weiteren sind die Rollenbilder, die in den YouTube-Videos vermittelt werden mehr als fragwürdig. Muss ein achtjähriges Mädchen Nagellack von Chanel tragen, und muss dieser rosa sein? Der übermäßige Konsum, die klar verteilten Geschlechterrollen und das vermittelte Familienbild sollten kritisch betrachtet werden.

Was ebenfalls bedenklich ist, ist die Werbung, die in den YouTube-Videos ihren Platz findet. Sei es eine Knete, die offensichtlich präsentiert und vorgeführt wird, oder auch nur im Hintergrund ein Poster. Werbung von Kindern für Kinder ist offensichtlich sehr lukrativ und verlockend.
Was mit der Werbung und der Kommerzialisierung des YouTube-Kanals einhergeht, ist natürlich die steigende Arbeit. Eine bestimmte Anzahl an Videos müssen regelmäßig produziert, geschnitten und hochgeladen werden, um populär zu bleiben. Doch was ist dabei noch freiwillig? Wie sehen die Kinder das? Macht es ihnen Spaß dieses Pensum zu stemmen, oder würden sie lieber mit ihren Freundinnen und Freunden spielen? Das Thema Kinderarbeit spielt bei diesem Business eine große Rolle.

Mittlerweile sind viele der kleinen Internetstars auch schon bei sogenannten Influencer-Agenturen oder bei Unternehmen, die im Kinder-und Familienmarketing tätig sind, unter Vertrag. Diese haben die Aufgabe, zwischen dem Mini-Influencer und Unternehmen, die Werbung auf dem YouTube-Kanal des Mini-Influencers schalten wollen, zu vermitteln. Wer steckt eigentlich hinter diesen Mini-Influencer-Kanälen? Ab 16 Jahren darf man einen eignen YouTube-Kanal haben. Kinder dürfen auf YouTube gar keinen Kanal haben. Meistens sind es also die Eltern, die diese Kanäle führen. Doch es gibt auch Kanäle, wo das Kind quasi Beiwerk ist. Sogenannte Mama-Blogger sind nicht nur auf YouTube erfolgreich, sondern auch Plattformen wie Instagram. Sie präsentieren sich zusammen mit ihrem Kind oder Kindern und verdienen dort mittels Werbung viel Geld. Doch sind sich manche Eltern darüber bewusst, dass sie damit die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder verletzen?

Menschen sind nach dem Gesetz mit 18 Jahren erwachsen, erst dann sind sie mündige Bürger*innen, erst dann wird ihnen zugetraut für sich selbst zu sorgen, zu denken und Verantwortung zu tragen. Vorher haben in der Regel die Eltern die Verantwortung für ihr Kind zu tragen. Daher stellt sich die Frage: Sind Kinder überhaupt in der Lage zu reflektieren, was die öffentliche Präsenz als Mini-Influencer im Internet für Auswirkungen und Konsequenzen auf ihr Privatleben hat, oder sind die Eltern in der Pflicht dies abzuwägen? Nicht selten sind grade junge Menschen oder Kinder Zielscheibe von Cybermobbing oder anderen Straftaten im Internet. 

Doch wie geht man damit um, wenn die Kinder sich mit Mini-Influencern beschäftigen? Wie geht man damit um, wenn sie wie sie sein wollen? Wie geht man damit um, wenn Kinder sich im Internet verzerrte Rollenbilder aneignen? Aufklärung ist das Stichwort, und am besten klären Kinder sich selbst auf. Zu diesem Thema hat unsere Kommilitonin Zoe einen Workshop mit Kindern durchgeführt, der helfen soll für das Thema Mini-Influencer zu sensibilisieren und darüber zu informieren. Denn, wie am Anfang des Textes schon gesagt, ob es uns gefällt oder nicht, Kinder wachsen mit Medien auf. Es liegt nur in unserer Hand, wie sie damit umgehen. 

Die Autorin